21.07.2025
Rückblick auf die Kooperations-Tagung des Vereins für Pfälzische Kirchengeschichte und der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Landes-Kirchengeschichtlicher Kommissionen (ADLK) im Jubiläumsjahr 2025 vom 19. bis zum 20. Juni 2025 im Butenschoen-Haus in Landau.
Unter dem Thema „Interregionalität“ fand vom 19. bis 20. Juni 2025 im Butenschoen-Haus in Landau die gemeinsame Tagung des Vereins für Pfälzische Kirchengeschichte (VPfKG) und der Arbeitsgemeinschaft Deutsche Landeskirchengeschichte (ADLK) statt, die zugleich einen weiteren feierlichen Höhepunkt der Jubiläumsveranstaltungen zum 100-jährigen Bestehen des VPfKG bildete.
Nach der Begrüßung durch Prof. Dr. Andreas Mühling (Vorsitzender der ADLK) und apl. Prof. Dr. Ulrich Wien (Vorsitzender des VPfKG) eröffnete Prof. Dr. Johannes Ehmann (Heidelberg) die Konferenzbeiträge mit einem Vortrag zum Thema „‚Gleichschritte‘? – Parallelitäten links und rechts vom Rhein“. Anhand von Bekenntnissen, Katechismen und gottesdienstlicher Praxis beleuchtete er Gemeinsamkeiten und Unterschiede kirchlicher Entwicklungen in der Pfalz und in Baden vornehmlich im 19. Jahrhundert.
Es folgte Wolfgang Huber mit seinem Vortrag „‚Altbaierische und altlutherische Geistliche sind nur Eindringlinge in dieser unserer Kirche‘ – Bayerisch-schwäbische und fränkische Pfarrer in der Rheinpfalz 1818–1868“, in dem er vor dem kirchenhistorischen Gesamtkontext schwerpunktmäßig die Phase der konservativ-orthodoxen Personalpolitik der bayerischen Regierung nach 1853 analysierte. Im Anschluss präsentierte Friedhelm Hans seine Forschungsergebnisse zu pfälzischen Pfarrern in reformierten Gemeinden Bayerns.
Nach der Mittagspause gab Dr. Wolfgang Krogel (Berlin) Einblicke in das laufende Projekt zur Erstellung einer Meta-Datenbank für Pfarrpersonen im deutschsprachigen Raum. Dieses Vorhaben, das kurz vor dem Start steht, soll künftig einen erleichterten Zugang zu den für die Forschung wichtigen biografischen Informationen ermöglichen.
Im Anschluss beleuchtete Prof. Dr. Norbert Friedrich (Düsseldorf-Kaiserswerth) in seinem Vortrag „Kaiserswerth und sein Netzwerk“, welchen Einfluss Friederike und Theodor Fliedner auf die Entwicklung und binnendeutsche, aber auch weltweite Verbreitung der Diakonissenhäuser im Kaiserswerther Verband im 19. Jahrhundert nahmen.
Dr. Andreas Metzing (Boppard) widmete sich in seinem Vortrag der Preußisch-Pfälzischen Pfarrkonferenz (1875–1891). Er analysierte deren die jeweilige landeskirchliche Peripherie überschreitende Kooperation, deren theologisch „positive“ Grundhaltung sowie Organisationsstruktur, Mitgliederzusammensetzung und zentrale Diskussionsthemen. Zum Abschluss des ersten Tages warf Prof. Dr. Andreas Mühling (Trier) einen kritischen Blick auf das Theologie, Wirken des DC-Pfarrers Philipp-Friedrich Grünagel im Dritten Reich und dessen widerwillig vollzogene kirchliche Weiterverwendung nach dem II. Weltkrieg.
Den zweiten Tag der Konferenz eröffnete Johann-Friedrich Enke (Erfurt) mit einem gleichermaßen informativen wie unterhaltsamen Vortrag:
Die Wartburg rettet den Hainstein für den Protestantismus. Anhand des Erwerbs der Hainstein AG (Eisenach) durch die Wartburg-Stiftung in den 1920er Jahren – ermöglicht durch die sogenannte „Schwedengruppe“ um Erzbischof Söderblom mit Unterstützung der deutschen Landeskirchen – illustrierte Enke eindrucksvoll interregionale Netzwerke protestantischer Zusammenarbeit vor dem Hintergrund der schwelenden konfessionellen Konkurrenz von Protestanten und Katholiken.
Im Anschluss widmete sich Prof. Dr. Jürgen Kampmann (Tübingen) in einer noch unpubliziertes Quellenmaterial auswertenden Studie der Religionspolitik der Britischen Besatzungsmacht und der von dieser begünstigten Kooperation der evangelischen Landeskirchen in der Britischen Besatzungszone 1945–1949 um Präses Koch.
Ein weiteres spannendes Themenfeld eröffnete Dr. Rainer Rausch (Ratzeburg) mit einem vergleichenden Vortrag zu kirchlichen Partnerschaften im 20. Jahrhundert. Dabei untersuchte er die schon kurz nach dem II. Weltkrieg aufgenommenen Beziehungen, Patenschaften und Partnerschaften vorwiegend zwischen den lutherischen Kirchen (Ev.-Luth. Landeskirche Mecklenburgs, Ev.-Luth. Kirche in Bayern). Im großen Überblick, aber auch in exemplarischen Hinweisen richtete Matthias Richter (Dessau), dessen Vortrag von U. Wien verlesen wurde, anschließend den Blick auf die kirchlichen Partnerschaften zwischen Anhalt und der Pfalz ab 1960 auf verschiedenen Ebenen und in unterschiedlichen Arbeitsfeldern, die weit über die Phase der deutschen Teilung hinausreicht.
Nach der Mittagspause folgte ein Vortrag von PD Dr. Michael Heymel, der die Predigt- und Redetätigkeit Martin Niemöllers in Kaiserslautern (1946–1965) untersuchte. Heymel gewährte aufschlussreiche Einblicke schwerpunktmäßig auf Niemöllers Vorträge und Predigten in der unmittelbaren Nachkriegszeit und die Diskussion der Schuldfrage im Kontext der überregionalen Bedeutung.
Den wissenschaftlichen Abschluss der Tagung bildete Prof. Dr. Wolfgang Breul (Mainz) mit einem Beitrag zur Mitwirkung der hessischen, rheinischen und pfälzischen Landeskirchen bei der Gründung der Evangelisch-Theologischen Fakultät Mainz (1946–1962). Im Zentrum standen hier die Rolle von Martin Niemöller und seiner politisch geförderten, aber umstrittenen Absicht, eine mit Vertretern der BK besetzte Evangelisch-Theologie Fakultät zu gründen. Der Vortrag analysierte das kirchliche und persönliche Ringen bei den Berufungen und institutionellen Weichenstellungen der Nachkriegszeit.
Am Nachmittag fand eine Exkursion nach Neustadt an der Weinstraße und Lambrecht (Pfalz) statt. Höhepunkt war die Führung durch die Protestantische Kirche Lambrecht – ehemals Klosterkirche St. Lambrecht – durch die Ortspfarrerin Sarah Schulze mit einer daran anschließenden eindrucksvollen Orgelvorführung. KMD Ulrich Loschky gelang es, das Thema der Tagung anhand der interregionalen Konzeption von Kompositionssammlungen für den gottesdienstlichen Gebrauch im 19. Jahrhundert kongenial zu spiegeln.
Der Abend klang bei herrlichem Sommerwetter in der traditionsreichen Gaststube „Zur Post“ in Neustadt aus – dem Ort, an dem vor 100 Jahren der Verein für Pfälzische Kirchengeschichte gegründet wurde. Der historische Rahmen verlieh diesem Ausklang eine besondere Atmosphäre.